Tilo Wachter (Hang) und Daniel Gebauer (Saxophon) entführen in ferne musikalische Welten.

(Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der BZ vom Di, 15. Mai 2018)

Foto: Reinhard Cremer

In ferne Klangwelten entführten Tilo Wachter an den Hangs und Daniel Gebauer mit dem Saxophon die Besucher in der Schallbacher Peter-und-Paul -Kirche. 

(Reinhard Cremer Badische Zeitung, 15. Mai 2018)

SCHALLBACH (cre). Wer hat’s erfunden? Richtig: die Schweizer! Gemeint ist das Hang, ein aus zwei Stahlblechschalen zusammengesetztes Instrument, welches ähnlich den aus Trinidad stammenden Steeldrums mit auf der oberen Hälfte eingehämmerten Klangfeldern versehen ist. Im Gegensatz zu den konkaven Steel-drums hat das Hang jedoch eine konvexe Gestalt. Der Name Hang leitet sich vom berndeutschen Wort für Hand ab, wird dieses Instrument doch ausschließlich – und auch hier wieder im Unterschied zu den Steeldrums – nur mit den Händen gespielt.

Von der großen Klangvielfalt, die mit dem Hang erzeugt werden kann, konnten sich im Rahmen der Schallbacher Kulturtage zahlreiche Besucher in der Peter- und-Paul-Kirche selber ein (Hör-)Bild machen. Gemeinsam mit dem Saxophonisten Daniel Gebauer entführte Tilo Wachter die Zuhörer in eine reale und doch so nicht real existierende Märchenwelt.

"Aussichten" hatten die Musiker ihr Konzert betitelt. Was vielleicht anfänglich noch in Verbindung mit Zu-Hörendem widersinnig erschien, nahm doch im Verlauf des Konzertes immer mehr Gestalt an. Vor dem inneren Auge entstanden so imaginierte Aussichten – wie von Wachter gewünscht und prophezeit. Zumindest für die unter den Zuhörern, die bereit waren, sich auf die Musik einzulassen und sich von ihr auf eine Reise entführen zu lassen.

Mit tiefem, sattem und zumeist ruhigem Spiel begleitete Gebauer das Hangspiel Wachters abwechselnd mit dem Alt- und mit dem Tenorsaxophon. Gelegentlich auch mit einer Mundharmonika. Als weiteres Instrument zusätzlich zu seinen vier Hangs setzte Wachter seine Stimme ein. Hierbei bediente er sich neben Deutsch und Englisch "gromolo", einer konstruierten, nach eigenem Bekunden zu einem großen Teil erst während des Konzertes entwickelten lautmalerischen Sprache. Ohne dies zu wissen, hätte man sie für einen indianischen Dialekt halten können.

Insbesondere der Saxophonpart enthielt Anleihen beim Blues und beim Jazz. Häufig nahm Gebauer das Thema der Hangs auf und variierte es. Bis auf das gleich zu Beginn gespielte "Lullaby" und das Schlusslied "Der Mond ist aufgegangen" verzichteten die Musiker auf die Interpretation bekannter Melodien. Häufig brauche es bis zu zwei Jahren, bis ein Stück aus Einzelteilen zusammengewachsen sei, bekannte Wachter.

Diese Art der Musik ist, wie ein Besucher charakterisierte, nicht mit dem Verstand erfassbar. Man muss sie über das Gefühl auf sich wirken lassen. Eine Besucherin schrieb ihr eine meditative Wirkung zu: "Wenn man die Augen schließt, geht einem die Musik direkt in die Seele. Kurz: Wachters Hang in Einheit mit Gebauers Saxophon lehrten die Gedanken zu fliegen. Aber nie zu weit in eine Richtung, da Tempo, Rhythmus und Lautstärke immer wieder überraschende Wendungen bereit hielten. Wenn Wachter seine Gedanken auf Deutsch formulierte, nahm er die Zuhörer auch inhaltlich auf kleine philosophische Ausflüge mit: "Wir schaffen Großes und stoßen vor in fremde Galaxien – nur in uns selber dringen wir nicht ein..." Auch Charlie Chaplin zitierte er: "Von uns wird keiner alt genug, um Lebensprofi zu sein."

Ein Abend, der einerseits unterhaltsam im besten Sinne war, andererseits – oder gerade deswegen – feine Spuren hinterließ. Das Publikum dankte den Musikern mit anhaltendem Beifall.